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Gralshüter der Schriften

Fontshops Foreman

Der Name ist Untertreibung. Fontshop klingt so, als wäre es ein netter Laden, in dem man nach Lust und Laune (professionelle Satz-) Schriften kaufen kann. OK, Fontshop ist ein irre netter Laden, in dem man – und so. Aber eben doch noch viel mehr. Fontshop ist zwar kommerziell (was gut ist, weil das die Vollautomatik „am Puls der Zeit“ voraussetzt), aber auch eine ganze Menge Idealismus. So etwas wie ein „Zentrum für zeitgenössische Schriftfont-Kultur“, aber diametral jeder Verstaubtheit und einem nur sich selbst genügendem Idealismus. Fontshop, die Gründung des legendären Design-Gurus Erik Spiekermann, ist gewissermaßen der Taktgeber der Schriftentwicklung. Was immer weltweit mit Schriften passiert, Fontshop hat es anzubieten. Und umgekehrt. Was Fontshop fördert, fordert, formuliert, nimmt Einfluss auf die Verwendung von Satzschriften, national deutsch(sprachig) zunächst, was aber in vielen Fällen zugleich heißt mit deutlichem Impuls für manch anderes Land.

Dass dies alles so gekommen ist, derzeit sich immer noch munter weiter entwickelt und (hoffentlich) lange so bleiben wird, ist vor allem auch der Verdienst eines bei Fontshop massgeblich Verantwortlichen. Jürgen Siebert, Marketing-Vorstand, Ex-Chefredakteur und Mitgründer der längst zum Kultstatus in (jüngeren) Fachkreisen avancierten Zeitschrift Page. Jürgen Siebert ist alles andere als ein „Künstler-Typ“ – aber ein „Künstler-Promotor“ ist er direkt und indirekt allemal. Er hat ein ausgeprägtes Gespür für Trends und die energische Konsequenz, scheinbar beiläufige Entwicklungen zu Hits und zum Core Business zu machen. Rückschläge können ihn nicht ermutigen, sondern schärfen seinen Hang zu typischer Jürgen-Siebert-Analytik. Die vor allem gekennzeichnet ist durch eine emotionslose Verweigerungshaltung ihm nutzlos Erscheinenden gegenüber und einer geradezu impertinenten Selbstverständlichkeit, mit der er das ihm Sinnvolle ausprobiert, an- und vorantreibt. Und er lässt sich dabei nicht ablenken: es geht ihm um Schrift, und sonst nichts. Der Mann ist gradlinig und straight, Kompromisse kennt er nur, um der Sache zu dienen.

Gut, dass Fontshop einen solchen Mann hat. Und gut, dass seine Crew zusammen mit ihm schafft, erfolgreich zu sein. Weil wir alle (so wir denn schrift-affin oder auch ein wenig typo-meschugge sind) sehr viel davon haben. Vorausgesetzt, so viel moralischer Zeigefinger muss sein, ein jeder von uns kauft hin und wieder mal von diesen Fontshop-Schriften. Denn sonst muss auch Jürgen Siebert resignieren – wovon er allerdings meilenweit entfernt ist, wie er glaubhaft versichern kann.