The party goes on
InDesign-Konferenz – Reflektionen
Die InDesignkonferenz ist, wie man so sagt, „a class of its own“. Sie zu vergleichen oder einzuordnen entspricht dem Versuch, bei einem Ball zu bestimmen, was oben und unten, vorne oder hinten ist. Vor allem ist sie nämlich eins: authentisch. Hier kommen die zusammen, die durch nichts anderes zusammengefunden haben als durch ein gemeinsames Interesse an ihrem Job, an ihrer beruflichen Weiterentwicklung, an der Pflege dessen, was man früher einmal Kollegialität nannte und heute mit solchen Begriffen wie Community oder Userclub oft ein wenig zu arg schlagwortlastig beschrieben wird.
Vor allem aber ist sie eins: locker. Das tut dem Thema, der Sache
extrem gut. Und sie hat, was andere Konferenzen bis zur
Absurdität nicht mehr haben: Zeit. Man gönnt den
Referenten Zeit, endlich einmal in die Tiefe oder Breite zu gehen,
selbst auf die Gefahr, dass es dann den einen oder anderen im Raum
langweilt. Aber dann kann man ja aufstehen und in einen anderen gehen.
Die parallelen Sessions machen das möglich, was
Touristenroutenbusse als ex und hopp anpreisen: aufspringen und
aussteigen, wo und wie es einem passt.
Die Authenzität lebt vor allem von der Möglichkeit,
zufällige Gespräche zu führen, neue,
interessante Menschen kennenzulernen. Wie man so gerne sagt: Netzwerke
zu knüpfen. Der Visitenkartentausch ist mindestens so wichtig
wie die Seminardokumentation, die per Web zugreifbar bleibt. Insofern
hat der Event einen Anflug von Silicon-Valley zu seinen wilden
Gründerzeiten, so sind die Seybold-Konferenz entstanden oder
heute weltumspannende Organisationen wie die Xplor. Die Mischung aus
Konferenz, Meeting, Ausstellung (ohne die Partnersessions, also reine
Produktvorstellungen und die „Tischmesse“, die
Prospekte und Präsentationen auf den Tischen im
Veranstaltungsbereich, wäre es „nur“ ein
großes Seminar. So aber ist die Indesignkonferenz aber eben,
was den Teilnehmern so sehr gefällt: der umfassende
all-in-one-Event. Und der vergnügt-lockere Partyabend, endlich
mal ohne Krach, der anderswo irrtümlich als Musik bezeichnet
wird, trägt noch einmal wesentlich dazu bei.
Aber es bleiben Wünsche. Es ist ein extremes Manko der
Schweizer, dass für sie die Welt an den Grenzen der
äußeren Kantone aufhört. In die Konferenz
hinein wird durch manchen Referenten durchaus eine spürbare
Internationalität getragen. Doch nach dem derzeit erkennbaren
Selbstverständnis, das ihr durch die extrem engagierten
Veranstalter mitgegeben wird, wendet sie sich nicht unbedingt
„an alle Welt“. Also wird sie nicht so bald eine
„Internationale InDesign-Konferenz“ werden. Wer,
vor allem aus dem 27. Kanton, also Deutschland kommen will, aus
Österreich genauso, ist natürlich willkommen. Rein
sprachlich ist sie ohnehin schon ein Wohlfühl-Mix aus
Schwyzerdütsch, Schriftdeutsch und englisch-amerikanisch
jeglichen Slangs, schon allein deshalb, weil es das Fachvokabular ja
sowieso ist. Deutschsprachig, aber internationalisierter (was ihr
keineswegs ihren schweizer Charakter des Understatements nehmen soll
und darf) wäre schön – sozusagen ein Wunsch
an die Macher.
Die fachliche Ausbeute dürfte für jeden Besucher
ohnehin groß sein. Denn die Referate und Themen, so bunt und
gemixt sie auch waren, trafen wohl ein jedes für sich einen
Nagel auf den Kopf oder meinetwegen auch der Pudel Kerne. Das
wäre dann das nächste, abschließende und
größte Kompliment an die Macher: indem sie das
richtige Gespür für die wichtigen Themen haben
– und natürlich hoffentlich behalten –
können sie für die beruflich aufgestellten Menschen
der grafischen Branche in und mit all ihren Facetten nicht nur Hilfe,
sondern von extremen Nutzen sein. Gerade weil die Themen oft eher
allgemein und offen formuliert waren und den Referenten die Freiheit
gaben, manches Detail endlich einmal so
„auszuwalzen“, dass man es ohne Hektik auch
versteht – und dann sogar noch Zeit hat, zu diskutieren!
– das ist, was den nächsten
InDesign-Konferenz-Termin 2008, dann nach der Drupa, zum Pflichttermin
machen sollte:
16.–19. September 2008